Wann fliegt Scholz die Cum-Ex-Affäre um die Ohren?

Auch nach seinen ersten hundert Tagen im Amt hört und sieht man wenig von SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz. Allenfalls im Ukraine-Krieg meldet er sich zu Wort, ansonsten überlässt er vieles seinen Ministern. Corona, Staatsverschuldung, explodierende Lebenskosten, innere Sicherheit: Chefsache? Fehlanzeige!

Wie frei kann man auch agieren, wenn die Vergangenheit wie ein Damoklesschwert über einem hängt? Im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Steuerskandalen um die Hamburger Warburg-Bank hat die Hamburger Staatsanwaltschaft jetzt zwar weitere Ermittlungen gegen Scholz abgelehnt. Ruhiger wird es für ihn trotzdem nicht.

Vonseiten der Medien wird der Bundeskanzler mittlerweile ausdrücklich der Lüge bezichtigt. Das Politik-Magazin-Cicero widmet ihm die Titelgeschichte der aktuellen Ausgabe und zeichnet detailliert die offensichtlichen Verbindungen des damaligen Ersten Bürgermeisters von Hamburg zum Vorstand der Bank nach, die das Hamburger Stadtsäckel um 47 Millionen Euro Steuergeld erleichtert hat. Und es wird das beschämende Herauswinden durch Halbwahrheiten und Gedächtnislücken skizziert. Und durch Schweigen.

Dass die Hamburger Staatsanwaltschaft ausgerechnet drei Wochen vor der Kanzlerwahl 2021 ihre zuvor anderthalb Jahre laufenden Vorermittlungen eingestellt hat, ist dabei ein besonders dicker Hund. Immer wieder soll Scholz‘ Anwalt interveniert haben. Und letztendlich hieß es vonseiten der Hamburger Justiz tatsächlich, dass es keinen hinreichenden Verdacht gegen Scholz oder die Hamburger Finanzverwaltung gebe – und das obwohl die Kölner Staatsanwaltschaft zuvor bereits eine Razzia bei leitenden Mitarbeitern der Behörde durchgeführt hatte.

Dass deutsche Staatsanwaltschaften nicht immer unabhängig von der Politik arbeiten, hatte bereits vor drei Jahren der Europäische Gerichtshof moniert. Dabei war es um die Frage gegangen, ob die Ermittlungsbehörden auch europäische Haftbefehle ausstellen dürfen. Die Antwort war Nein: Zu groß wäre die Gefahr, dass interveniert wird.

Trotzdem: Die Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte durch mehrere Ermittlungsbehörden ist längst ins Rollen gekommen, die ersten Beschuldigten stehen bereits vor Gericht. Ob deren Gedächtnislücken so fulminant sind wie die des damaligen Hamburger Bürgermeisters bleibt abzuwarten.

„Wer verschweigt, hat etwas zu verbergen“

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